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Fränzi von Gunten – unsere erste Landrätin

Von SP Arlesheim, 4.Juni.2018

Am 23. Juni 2018 feiern wir im Baselbiet 50 Jahre Frauenstimm- und Wahlrecht. Am 3. März 1971 fanden die ersten Landratswahlen statt, für die auch Frauen kandidieren durften. Es traten 432 Männer und 80 Frauen an. Gewählt wurden vier Frauen, eine davon ist Fränzi von Gunten. Anlässlich des anstehenden Jubiläums trafen wir uns mit Fränzi von Gunten und baten sie, uns über ihre Kandidatur, die Wahl und die prägendsten Erlebnisse zu berichten.
Fränzi von Gunten war noch gar nicht Mitglieder der SP als sie für den Landrat kandidierte. Sich um sozial benachteiligte Personen zu kümmern, war ihr ein wichtiges Anliegen. Dieses Anliegen aber verfolgte sie nicht über eine Partei, sondern über die Kirchenpflege. So war es denn auch der Pfarrer, der sie für eine Kandidatur motivierte. Chancen hat sie sich keine ausgerechnet. Dass sie gewählt wurde, hat sie im Dorf von ihren Kindern erfahren. Es sei ihr sofort schlecht geworden, sie meinte, von nichts eine Ahnung zu haben. Jetzt musste sie, die nicht viel über die Arbeit der Gewerkschaften wusste, doch tatsächlich der SP beitreten, die damals die Arbeiterpartei war. Fränzi von Gunten erinnert sich, dass sich viele Leute mit ihr über die Wahl freuten, aber es sei ihr auch Eifersucht und Missgunst entgegengeschlagen. Ein aktiver Gewerkschafter tat sich mit ihrer Wahl besonders schwer, weil er aufgrund ihres guten Resultats die Wiederwahl in den Landrat nicht geschafft hatte.
Das erste Unwohlsein liess aber bald nach der Vereidigung nach. In der Partei erhielt Fränzi von Gunten viel Hilfe. Die Stimmung im Landrat war gut und nicht so überheblich, wie sie im Vorfeld befürchtet hatte. Das Wissen über die Gewerkschaften eignete sie sich nach und nach an. Sie erzählte uns, dass sie eine Ausstellung über Gewerkschaften besuchen wollte, um ihr Wissen zu vertiefen. Es wäre ihr peinlich gewesen, hätte sie dort jemanden angetroffen, aber ausser ihr sei glücklicherweise kein Besucher da gewesen.
Eine schwierige Zeit erlebte Fränzi von Gunten als 1972 im Kanton über die Reichtumssteuer abgestimmt wurde. Sie hatte nicht erwartet, auf der Strasse so unfreundlich behandelt zu werden. Diese Art der Auseinandersetzung war sie sich nicht gewöhnt. Obwohl sie das Anliegen richtig fand, wäre sie froh gewesen, wenn diese Abstimmung nicht stattgefunden hätte. Die persönlichen Angriffe setzten ihr stark zu. Doch nach diesem Aufruhr glätteten sich die Wogen wieder und Fränzi von Gunten erreichte bei den nächsten Landratswahlen ein gutes Resultat.
Sie fühlte sich im Landrat voll akzeptiert. Der Umgang miteinander war anständig und wohl gemässigter als heute. Sie war auch Mitglied des Büros und in ihren letzten zwei Amtsjahren Fraktionspräsidentin. Bei allen Aufgaben erhielt sie viel Unterstützung. Die Parteizugehörigkeit spielte keine grosse Rolle. Sie kann sich gut erinnern, auch Unterstützung von Mitgliedern der CVP erhalten zu haben. Bei der zweiten Wiederwahl erreichte sie ein hervorragendes Resultat. Nach dieser dritten Legislatur griff die Amtszeitbeschränkung und Fränzi von Gunten durfte nicht nochmals zur Wahl antreten.
Gegen Ende des Gesprächs haben wir Fränzi von Gunten gefragt, ob sie zufrieden damit sei, was die Frauen seither erreicht haben. Fränzi von Gunten antwortete, dass sie sehr glücklich darüber sei, dass der Auftritt von Frauen in der Politik heute selbstverständlich sei. Verrückt aber sei, dass Frauen für die gleiche Arbeit immer noch nicht den gleichen Lohn erhalten. Dies sei unverständlich für sie. Für uns auch, liebe Fränzi.
Wir danken Dir herzlich für das Gespräch und wünschen Dir alles Gute.

Veronica, Lea und Jürg